Drei Mal Luft raus beim Grafen Man

Eigentlich, so habe ich mir überlegt, müsste es “Vier Mal Luft raus beim Grafen Man” heißen. Denn nach dem Grafen Man am 23. August habe ich ewig gebraucht, diesen Artikel zu schreiben. Ich bin jetzt mitten in der Off Season und versuche mich mal an einem Wettkampfbericht.

Am Vorabend Sachen gepackt und Rad aufgepumpt. Dann ab ins Bett, denn der Start war für 6:30 Uhr angesetzt. Da es im August erst später hell wird als im Juni, wäre 6 Uhr zu früh gewesen. Um 4:50 aufgestanden, um das Auto zu beladen. Doch was war das? Die Luft aus dem Vorderreifen meine Triathlonrads war raus. Aufgepumpt und erst mal Frühstück gemacht. Dabei habe ich irgendwie ordentlich getrödelt. Zurück im Keller sah ich, dass die Luft wieder raus war. Also Rad ausgebaut, Schlauch in Rekordzeit gewechselt – wer kann der kann – und aufgepumpt. Bis zum Knall. Der Schlauch hatte sich zwischen Felge und Mantel eingeklemmt. Ich konnte es nicht fassen. Ein typischer Anfängerfehler. Also das ganze nochmal von vorn und mit Ruhe und Umsicht war der Schlauch dann gewechselt. Zwei Mal die Luft raus noch vor dem Start. Besser so als während des Rennens dachte ich mir. Die Zeit war nun schon etwas fortgeschritten und ein Start um 06:30 nicht mehr zu schaffen. Aber ich bin da in Corona Zeiten flexibel.

Auf dem Weg zum Wörthsee habe ich an drei Stellen eine kalte Wasserflasche versteckt. 15 Kilometer ohne Getränk beim Laufen können sonst ganz schön hart sein.

Das Wasser war über 24° Grad warm, so dass der Neo zu Hause blieb. Genau wie eine Startnummer, auf die ich, warum auch immer, bei diesem Wettkampf verzichtet habe.

Die Wechselzone im Auto aufgebaut, Badekappe, Schwimmbrille und Rettungsboje geschnappt und um 07:30 Uhr ging es dann los. Das Himmel war etwas bedeckt, der See wellig und die Temperaturen angenehm. Ich hatte die Badestelle für mich ganz allein. Das würde sich aber an einem Feriensommertag mit Sicherheit ändern.

Zwei Kilometer Schwimmen. Es lief ganz gut. Ich hatte mich entschieden zwei Runden zu schwimmen. Also 500 Meter Richtung anderes Ufer, zurück und nochmal die gleiche Strecke. Laut meiner Garmin Uhr waren es dann 2053 Meter. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass diese Entfernung stimmt. Selbst in schlechten Zeiten in der Halle bin ich noch niemals über 2:30 min auf 100 Meter geschwommen, geschweige denn 2:53 min. Aber ich hatte das auf Grund der vorangegangenen Wettkämpfe eingeplant. Raus aus dem Wasser, Rad aus dem Auto, Schwimmsachen rein, Schuhe, Helm, Brille und los ging es. Ganz so schnell war ich in der Realität nicht. Fast 4 Minuten für den Wechsel sind kein Ruhmesblatt.

Eine schöne 75 Kilometer Strecke mit 700 Höhenmetern lag vor mir. Und es hat Spaß gemacht. Bis zur Hälfte der Strecke ging es bergauf, danach bergab.

Ein Schnitt von 25-27 km/h war geplant und sollte trotz Nutzung von Radwegen, nicht abgesperrter Straßen und Halten an Kreuzungen kein Problem sein. Auf der ersten Hälfte würde es etwas langsamer sein, aber nach hinten raus dann deutlich schneller. Bis Kilometer 60 ging der Plan auch auf. Es machte riesigen Spaß, die Sonne kam teilweise hervor, es war nicht zu warm und der Verkehr hielt sich in Grenzen. Die Strecke und Landschaft sind wunderschön und es gibt ein paar wirklich schnelle Passagen.

Kurz nach Kilometer 60 schaute ich auf den Tacho. Ein Defekt? Kontrollblick auf die Uhr. Nein. Ich fuhr tatsächlich Schneckentempo. Der Puls war in Ordnung, der Speed nicht. Ich versuchte schneller zu fahren, aber es ging nicht. Wie aus meinem Vorderreifen war auch bei mir die Luft raus. Einfach “pfffft”. Keine hohen Pulswerte. Keine Schmerzen. Kein Limit überschritten. Einfach der Tank leer.

Die letzten Kilometer waren zum Glück leicht bergab, so rettete ich mich in die zweite Wechselzone. Ich ließ mir Zeit mit dem Wechsel, nahm ein Gel und Wasser zu mir und lief los. Es ging gut. Atmung und Puls in Ordnung, keine Schmerzen. Keine Erschöpfung.

Aber auch kein Tempo. Ich habe keine Ahnung was da los war, ich bin immer noch in der Analyse. Aber es war gespenstig. Jedes Mal, wenn ich versucht habe, zu laufen war da einfach nichts. Leer wie ein Fahrradschlauch. So etwas habe ich noch nie erlebt. Gels zu mir genommen, die Wasserflaschen, die ich morgens deponiert hatte, getrunken, zehn, zwanzig Meter angelaufen und dann wieder Spaziergänger. Kein Schmerz. Kein Gefühl der Erschöpfung. Einfach keine Energie vorhanden.

Das Ergebnis dieses gemütlichen 15 Kilometer Spaziergang führte zu einer nicht für möglich gehaltenen Zeit von über 7 (!) Stunden. Der Zieleinlauf, den ich mir so schön ausgemalt hatte, fand unter diesen Umständen natürlich nicht statt.

Für unsere Spendenaktion zahle ich 10 Euro. Das ist das mindeste, was ich tun kann. Und für 2021 steht fest, dass, egal ob es wieder echte Wettkämpfe gibt oder nicht, der Grafen Man auf meiner Liste steht. Diese Rechnung habe ich auf jeden Fall noch zu begleichen.

Bildquelle: (c) dastridream.de

2 Kommentare

  1. Danke für diesen ausführlichen Bericht, da von uns ja momentan nichts kommt ist es schön in deinem Text mal kurz ein wenig Wettkampf Atmosphäre zu schnuppern. Das mit dem Tank leer hab ich so noch nicht erlebt, ich kenne das Gefühl von Erschöpfung und Unterzuckerung, aber so, nein. Das mit der offenen Rechnung kann ich allerdings total nachvollziehen und so geht es mir mit dem Chiemsee-Triathlon, also hoffen wir mal auf ein besseres 2021.

    avon

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